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Siedlungsentwicklung in Kaltennordheim

Betrachten wir den Stadtplan von Kaltennordheim, so fällt uns das ringförmige Gelände der alten Burg Kaltennordheim auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit begann hier die Siedlungsentwicklung des Ortes.

Von den vielen Völkergruppen, welche schon in vorchristlicher Zeit unser Gebiet durchwanderten, hat eine jede ihre Spuren hinterlassen. Die Burg Kaltennordheim ist in der Talaue als Wasserburg angelegt worden. Bis ins 14. Jh. führte ein Wassergraben um ihre alte Ringmauer. Das Wasser dieses Grabens wurde südwestlich der Burg von der Felda abgeleitet. Das gesamte Gelände um die Burg lag etwa 1 bis 1,5 Meter tiefer als heute, und nur wenig über dem Wasserspiegel der Felda. Im 15. und im 18. Jh. wurde der Bereich um die Burg mit Steinen und Erdreich aufgefüllt, so berichtet die Chronik.
Es waren die Slawen, welche einst im 6. und 7. Jh. von Südosteuropa aus in westlicher Richtung bis an die Mainlinie vordrangen und dabei auch unser Gebiet durchzogen. Die besonderen Merkmale von Slawenansiedlungen sind: Die rundliche Siedlungsanlage von Häusern um einen Platz herum, in einer Niederung und nahe an einem Gewässer. Dabei laufen die Linien der Grundstücksgrenzen strahlenförmig von diesem Mittelpunkt weg. Auch die Befestigung von Herrensitzen haben die Slawen bereits angewendet. Diese Merkmale sind in Kaltennordheim noch heute erkennbar.


Die Franken, die ab dem 6. Jh. unser Gebiet eroberten, übernahmen die bereits vorhanden Siedlungen und bauten sie in den folgenden Jahrhunderten ihren Anforderungen entsprechend aus.
Die erste Erwähnung unseres Ortes erfolgte in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Fulda im Jahre 795. Weitere Schenkungen folgten in den Jahren 824, 825, 835 und 838. Im Jahre 838 wird Nordheim im Tullifeld bereits als „Mark“ bezeichnet. Dies besagt, dass der Ort um die se Zeit schon eine befestigte Gemarkung mit Umlandfunktion war.
Da die Herren von Nithardishusen weite Besitzungen im Feldatal und im Ulstertal besaßen, ist anzunehmen, dass ihnen auch Güter in Kaltennordheim gehörten. Die letzten beiden Brüder der Herren von Nithardishusen, Heinrich und Friedrich v. N., waren unverheiratet und kinderlos. Somit starb das Geschlecht der Grafen von N. mit ihnen aus. Im Jahre 1268 werden sie in einer Urkunde des Klosters Fulda letztmalig genannt.
Ihr Besitz im oberen Feldatal fiel an die Grafen von Henneberg. Bis zum Aussterben der Grafen von Henneberg, im Jahre 1583, blieb Kaltennordheim in ihrem Besitz. (Abgesehen von Zeiten der Verlehnung und Verpfändung).
Ab 1350 werden etliche Rittergüter in Kaltennordheim im Verlauf ihrer wechselnden Besitzer bis ins 18. Jh. hinein genannt. Ab dem 14. Jh. tritt zum Ortsnamen der Zusatz „Kalten-“ erstmals auf.
Bis ins 15. Jh. dehnte sich Kaltennordheim östlich der Felda bis an das Flußufer aus. Hier führte bis ins 18. Jh. eine Holzbrücke über die Felda. Erst ab dem 16. Jh. begann die Ausdehnung Kaltennordheims westlich des Flusses. Ein Zeugnis aus dieser Zeit ist ein Mauerstück im Hof der alten Gerberei Bauß, welches aus dem 16. Jh. stammt. Eine Mauerbefestigung des mittelalterlichen Stadtfleckens Kaltennordheim hat es nur vom östlichen bis südwestlichen Bereich gegeben. Innerhalb dieser lag die Burg mit einer ursprünglich geschlossenen Ringmauer und einem weiteren ummauerten Bereich, dem „Schaffhauser Hof“, im Volksmund „Schafhauk“ benannt. Außer dieser ummauerten Bereiche der Burg und des Gutshofes, also von der westlichen bis nördlichen Ortsgrenze, waren die Höfe so angelegt, dass sie nach außen einen geschlossenen Ring bildeten. Offizielle Durchgänge waren nur die vier Tore und einige unauffällige im Winkel von Höfen versteckt liegende Pförtchen, auf die der Flurwächter bei seinem Rundgang besonders Acht gab. Die geschlossen gehaltene ehemalige Ortsbegrenzungslinie ist noch heute aus dem Stadtplan ersichtlich, obgleich sie durch Abrisse von Scheunen und Neuanordnungen von Gebäuden bereits stark beeinträchtigt wurde.


Die vier Tore um Kaltennordheim Wie oft an Toren eines Ortes befanden sich auch in der Nähe der Kaltennordheimer Stadttore Brunnen. Sie konnten an Hand einer alten Karte und in Ergänzung von historischen Fotos nachgewiesen werden.

1. Das Kirchtor mit dem Kirchbrunnen. Es stand gegenüber der Feldabrücke und der 1597 erbauten „Kirche im Stadtflecken”. Die weiterführende Straße, vorbei am angrenzenden Viehtriebplatz, trägt deshalb heute noch die Bezeichnung „Kirchtor“. Der „Kirchbrunnen“ stand nahe der 1597 erwähnten Schule auf dem angrenzenden Platz.

2. An der Felda, wo die alte Straße verlief und von wo aus eine Ortsverbindungsstraße von Kaltennordheim am Fluss entlang bis Fischbach führte, war sicherlich ebenfalls ein Tor vorhanden. Hier gab es auch einen Brunnen, der nach dem Bau der neuen Hauptstraße an diese verlegt worden sein muss. Er ist noch nach dem Bau der Wasserleitung (1903 – 1907) dort vorhanden gewesen.

3. Das Steintor. Im östlichen Teil des Stadtfleckens, in der heutigen Meininger Straße, nahe dem alten Gutshof (auch Schaffhauser Hof oder Hennebergischer Hof genannt) befand sich ebenfalls ein Tor und ein Brunnen. Dieses Tor wurde erst um 1752 abgerissen. Die dort noch befindlichen Reste eines alten, sehr massiv erbauten Hauses, weisen auf den ehemaligen Speicher der Burg, der um 1540 dort angelegt worden ist. Wahrscheinlich wurde dieses Gebäude 1752 im Zuge der damals umfangreichen Baumaßnahmen als Wohnhaus umgebaut.

4. Das Sundheimer Tor, so genannt, weil es in Richtung Kaltensundheim liegt, wird im Zusammenhang mit dem Kroaten Überfall von 1634 im 30jährigen Krieg erwähnt. Es war eines der wenigen Gebäude, welches bei der

Brandschatzung erhalten blieb. Es wurde im 18. Jh. abgerissen. Von diesem Tor aus verlief die Straße in südliche Richtung, vorbei am einstigen Zollhaus. Hier bog sie rechts ab und führte über die Zollbrücke bis zum „Alten Brunnen“, an der Einmündung zur Fuldaer Straße.


Brunnenfund 1994

Am Dienstag, dem 21.6.94 wurde bei den Ausschachtungsarbeiten für den neuen Abwasserkanal, etwa einem Meter unterhalb der Straßenoberfläche, eine Brunnenanlage gefunden – der alten Brunnen, nachdem die Straße benannt und der wahrscheinlich einer der ältesten Brunnen Kaltennordheims ist. Die Straße (ein Teil der durch den Ort führenden B 285) trägt hier von alters her den Namen „Altbrunnenstraße“.
Zum Brunnenbecken, welches von einem Gewölbe überdacht ist, führte eine kleine Treppe etwa einen Meter hinunter zum Brunnenbecken. Hier wurde das Wasser entnommen. Ein Uberlauf versorgte einen weiteren Brunnen auf der gegenüberliegenden Straßenseite, dessen Uberlauf wiederum in einen kleinen Teich am Feldaufer mündete. Das Wasser wurde dabei durch Holzrohre geleitet. In der noch erhaltenen Ortskarte aus dem Jahre 1834 ist der alte Brunnen bereits nicht mehr eingezeichnet. Das heißt, daß er zu dieser Zeit bereits zugeschüttet war. Die beiden Brunnen in den Häusern der Altenbrunnenstraße Nr. 24 und 26 wurden erst im vergangenen Jahrhundert angelegt. Einer davon diente zur Wasserentnahme für den Haushalt und der zweite zur Tränke des Viehes.


Das Alter des 1994 entdeckten Brunnens kann auf Grund fehlender schriftlicher Dokumente nicht angegeben werden. Die hier sichtbar gewordene Gewölbebauweise war seit dem frühen Mittelalter üblich.
Die gleiche Bauweise wie dieses Brunnengewölbe weißt der Keller der Ruine der Burg Fischberg oberhalb von Diedorf auf. Die Burg Fischberg wurde um 1328 erbaut. Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Bauweise in unseren Orten angewandt.
Auf Grund der Straßenführung und der großen Verkehrsbelastung der B 285 durch Kaltennordheim, konnte dieses historische Baudenkmal an dieser Stelle nicht erhalten und saniert werden. Aus diesem Grunde wurde es unter Denkmalschutz gestellt und anschließend wieder mit Erde verfüllt und abgedeckt.
Sollte es in Zukunft möglich werden, dass die Rhönstadt Kaltennordheim eine Umgehungsstraße erhält, so kann dieses Baudenkmal wieder freigelegt und saniert werden.

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